Barolo: Tradition, Terroir und Präzision

27. Januar, 2025 | Alexander Mackh, Co-Founder of Amelie 


Barolo trägt seit Langem den Titel des „König der Weine“ – ein Ruf, der auf seiner einzigartigen Fähigkeit beruht, Kraft und Finesse in perfektem Gleichgewicht zu vereinen. Ausschließlich aus Nebbiolo gekeltert, unterliegt er strengen Produktionsvorgaben: Die Weinberge müssen sich an gut exponierten Hängen befinden, meist mit südlicher Ausrichtung, in Höhenlagen zwischen 170 und 540 Metern. Der Wein muss mindestens 38 Monate reifen, davon 18 Monate im Holzfass, während eine Riserva sogar 62 Monate benötigt. Während der traditionelle Stil auf eine Vermählung verschiedener Terroirs setzte, hat sich in den letzten Jahren eine Bewegung hin zu gemeindespezifischen und Einzellagen-Barolos entwickelt. Auf unserer jüngsten Reise haben wir drei Erzeuger besucht, die jeweils eine ganz eigene Herangehensweise an Barolo pflegen: Bartolo Mascarello in Barolo, Cesare Bussolo in La Morra und Lalù in Monforte d’Alba.

Bartolo Mascarello: Die Tradition

Ein Besuch bei Bartolo Mascarello ist mehr als eine Weinprobe – es ist eine Reise in die Geschichte des Barolo selbst. Das 1919 gegründete Weingut umfasst fünf Hektar, verteilt auf einige der renommiertesten Lagen der Region: Cannubi (1 ha), San Lorenzo (0,25 ha), Rué (0,5 ha) und Rocche dell’Annunziata in La Morra (1,2 ha). Die Böden gehören zur Tortonischen Formation – eine Mischung aus sandigem und kalkhaltigem Ton, die den Weinen Struktur und Balance verleiht. Bartolo Mascarello übernahm das Weingut 1945 von seinem Vater und war einer der ersten Winzer, die ihren Barolo selbst abfüllten. Er blieb stets der Philosophie treu, Weine aus verschiedenen Lagen zu assemblieren, anstatt auf Einzellagen-Vinifikation zu setzen. Diese Herangehensweise lebt heute in der nächsten Generation weiter: Seine Tochter, Maria Teresa Mascarello, führt das Erbe mit akribischer Präzision fort. 2015 reaktivierte sie nach einer Neupflanzung die Parzelle San Lorenzo und integrierte sie wieder in die Cuvée. Sowohl junge als auch gereifte Jahrgänge von Bartolo Mascarello beeindrucken durch ihre nahtlose Integration: Tannine und Säure stehen in perfektem Gleichgewicht, was den Weinen eine außergewöhnliche Langlebigkeit verleiht. Ein klassischer Barolo, der nicht nur die Vergangenheit ehrt, sondern auch die Zukunft dieses grossen Weins prägt.

Lalù: Präzision trifft Natur

Unter den neueren Namen in Barolo ist Lalù ein Weingut, das besondere Aufmerksamkeit verdient. Gegründet im Jahr 2019 von Lara Rocchetti und Luisa Sala, verfolgt Lalù einen akribischen, naturverbundenen Ansatz im Weinbau. Auf 3,5 Hektar, darunter Parzellen in Le Coste di Monforte, wird ausschließlich nach biologischen Prinzipien gearbeitet. Biodiversität steht im Mittelpunkt der Philosophie: Gras wächst zwischen den Rebzeilen, und gezielt gepflanzte Bäume fördern das ökologische Gleichgewicht im Weinberg. Auch im Keller setzt Lalù auf eine sanfte, präzise Vinifikation. Die Weine durchlaufen eine 30-tägige submergierte Hutgärung, um eine feine Extraktion zu erreichen, die den Weinen Eleganz und Finesse verleiht. Schon im Debütjahrgang präsentierte das Weingut einen Barolo del Comune di Monforte d’Alba, ein klares Bekenntnis zu Terroir-Ausdruck und Präzision anstelle blosser Kraft. Mit einer kompromisslosen Hingabe an natürliche Prozesse und ein tiefes Verständnis für das Terroir hat Lalù sich schnell als einer der spannendsten neuen Namen in der Barolo-Welt etabliert.

Cesare Bussolo: Eine Referenz in La Morra

Der aus La Morra stammende Cesare Bussolo etabliert sich zunehmend als eine der führenden Stimmen für die Weine seines Heimatdorfes. Sein Barolo del Comune di La Morra, erstmals im Jahr 2017 produziert, stammt aus der Lage Boiolo, wo Nebbiolo ein Profil von Frische und Eleganz entwickelt. Ein zentraler Aspekt von Bussolos Philosophie ist die hohe Pflanzdichte – etwa 8.000 Rebstöcke pro Hektar, deutlich über dem regionalen Durchschnitt von 5.000. Kombiniert mit niedrigen Erträgen von rund 1 kg pro Rebstock, führt dies zu einer außergewöhnlichen Konzentration und Balance in den Weinen. Seine Einzellagen-Barolos, darunter La Serra und Fossati, spiegeln diese akribische Weinbergsarbeit wider und vereinen Struktur mit Finesse. Mit einer neuen Kellerei in Planung verfeinert Bussolo seine Vision weiter und setzt konsequent auf Präzision in jeder Phase der Weinbereitung.

Die vielen Gesichter des Barolo

Barolo ist eine Region, in der unterschiedliche Philosophien und Terroirs aufeinandertreffen und eine beeindruckende Vielfalt an Stilrichtungen hervorbringen. Ob der traditionelle, auf Assemblage basierende Ansatz von Bartolo Mascarello, die nachhaltige Präzision von Lalù oder die akribische Weinbergsarbeit von Cesare Bussolo – das verbindende Element bleibt stets dasselbe: Aufmerksamkeit fürs Detail. Ob Tradition, Innovation oder eine Mischung aus beidem – die Essenz des Barolo bleibt unverändert: eine der tiefgründigsten Weinexpressionen Italiens.



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